Nüschelerstrasse 11, 8001 Zürich - 044 415 33 66

< Zurück
  • trailer
  • trailer
Céline et Julie vont en bateau

Jacques Rivettes buchstäblich traumhaftes Märchen Céline et Julie vont en bateau ist eine Hommage an Lewis Carroll und an Montmartre, aber auch eine Spielwiese für seine Hauptdarstellerinnen Juliet Berto und Dominique Labourier. Poetisch, putzig und postmodern.

Die Bibliothekarin Julie liest auf einer Parkbank ein Buch über Magie und zeichnet mit dem Fuss Symbole in den Sand. Prompt eilt eine Frau an ihr vorbei, und als Julie sie durch Paris verfolgt und schliesslich einholt, entpuppt sich Céline als Zauber(künstler)in. Die zwei verschiedenen, aber wesensverwandten Kindfrauen freunden sich an und beschwören mitunter eine Fantasiewelt herauf: In einem düsteren Haus lebt der Witwer Olivier. Er wird von zwei Frauen, Camille und Sophie, umschwärmt, und seine kleine Tochter Madlyn steht neuem Eheglück im Wege. Um das Mädchen vor den Plänen der Erwachsenen zu retten, versetzen Céline und Julie sich mit Hilfe von «Zauberbonbons» in dieses Drama hinein.
Céline et Julie vont en bateau ist ein anspielungsreicher Film über das Fabulieren und letztlich das Filmemachen. Das traditionell-theatralische Drama, in das sich die Protagonistinnen hineinfantasieren, kontrastiert Jacques Rivette mit dem erfrischenden, (post)modernen Gegenentwurf der locker-vergnüglichen, mit den Darstellerinnen Juliet Berto und Dominique Labourier halb improvisierten Hauptebene des Films.
In «Le cinéma français des années 70» (1990) würdigt Freddy Buache Céline et Julie vont en bateau als «Film der Epoche»: «Dieses bedeutende Werk der siebziger Jahre (...) erhält die individualistischen Werte jenes freien und rebellischen Geistes am Leben, der im Zuge des materialistischen Rückschlags nach dem Mai 68 bedroht war von den falschen Göttern der Marktwirtschaft, die Himmel und Erde verwüsteten.»

* am Donnerstag, 16. Juni, 19.00 Uhr: Einführung von Madeleine Hirsiger

Jacques Rivette (Frankreich 1974)

«Die Titelfiguren Céline und Julie entgehen den vom Film angedrohten Abenteuern zu Wasser bis zu den Schlussszenen und geniessen stattdessen eine – durch das Einnehmen von ‹Zauberbonbons› geförderte – ‹Magical Mystery Tour› durch die Strassen und leerstehenden Häuser von Montmartre, wobei sie punktuell in eine Parallelerzählung eintauchen, die lose auf einem Roman von Henry James beruht (obschon Rivette «The Other House» tatsächlich nie gelesen hat). Dieses sympathische Narrenspiel, Rivettes grösster Erfolg – sowohl bei der Kritik als auch an der Kinokasse –, wirkt wie ein Ensemble-Abenteuer mit einer Kostüm-Kiste in den Strassen von Paris. Juliet Berto und Dominique Labourier improvisieren weitgehend ihren Dialog (und ihre Kostüme und wohl gar einen Teil der Handlung), was sowohl die besten als auch die schlimmsten Ergebnisse eines solchen Unterfangens hervorbringt. Mit Vorsicht zu geniessen.» (Dave Calhoun, Time Out, 2.5.2006)

Drehbuch: Juliet Berto, Dominique Labourier, Bulle Ogier, Marie-France Pisier, Jacques Rivette, Eduardo de Gregorio, frei nach dem Roman «The Other House» von Henry James
Kamera: Jacques Renard
Musik: Jean-Marie Sénia
Schnitt: Nicole Lubtchansky

Mit: Juliet Berto (Céline), Dominique Labourier (Julie), Bulle Ogier (Camille), Marie-France Pisier (Sophie), Barbet Schroeder (Olivier), Nathalie Asnar (Madlyn), Marie-Thérèse Saussure (Poupie), Philippe Clévenot (Guilou)

193 Min., Farbe, 35 mm, F/d

Spieldaten


Vergangene Vorstellungen:
So.,
5.6.2016
19:00
Do.,
16.6.2016
19:00
Einführung: Madeleine Hirsiger