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Sélection Lumière: Céline et Julie vont en bateau

Jacques Rivettes buchstäblich traumhaftes Märchen Céline et Julie vont en bateau ist eine Hommage an Lewis Carroll und an Montmartre, aber auch eine Spielwiese für seine Hauptdarstellerinnen Juliet Berto und Dominique Labourier. Poetisch, putzig und postmodern. Die Bibliothekarin Julie liest auf einer Parkbank ein Buch über Magie und zeichnet mit dem Fuss Symbole in den Sand. Prompt eilt eine Frau an ihr vorbei, und als Julie sie durch Paris verfolgt und schliesslich einholt, entpuppt sich Céline als Zauber(künstler)in. Die zwei verschiedenen, aber wesensverwandten Kindfrauen freunden sich an und beschwören mitunter eine Fantasiewelt herauf: In einem düsteren Haus lebt der Witwer Olivier. Er wird von zwei Frauen, Camille und Sophie, umschwärmt, und seine kleine Tochter Madlyn steht neuem Eheglück im Wege. Um das Mädchen vor den Plänen der Erwachsenen zu retten, versetzen Céline und Julie sich mit Hilfe von «Zauberbonbons» in dieses Drama hinein.
Céline et Julie vont en bateau ist ein anspielungsreicher Film über das Fabulieren und letztlich das Filmemachen. Das traditionell-theatralische Drama, in das sich die Protagonistinnen hineinfantasieren, kontrastiert Jacques Rivette mit dem erfrischenden, (post)modernen Gegenentwurf der locker-vergnüglichen, mit den Darstellerinnen Juliet Berto und Dominique Labourier halb improvisierten Hauptebene des Films.
In «Le cinéma français des années 70» (1990) würdigt Freddy Buache Céline et Julie vont en bateau als «Film der Epoche»: «Dieses bedeutende Werk der siebziger Jahre (...) erhält die individualistischen Werte jenes freien und rebellischen Geistes am Leben, der im Zuge des materialistischen Rückschlags nach dem Mai 68 bedroht war von den falschen Göttern der Marktwirtschaft, die Himmel und Erde verwüsteten.»

* am Donnerstag, 16. Juni, 19.00 Uhr: Einführung von Madeleine Hirsiger