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Premiere: Careless Crime

Nach seiner Schweizer Premiere am Bildrausch Filmfest Basel und einer Zürcher Vorpremiere im Filmpodium am 20. Juni ist Shahram Mokris faszinierender neuer Film Careless Crime noch vier weitere Male zu sehen – im Kino, wo er hingehört. Shahram Mokri zählt zu den spannendsten Cineasten der Gegenwart. Während andere Filmschaffende das Prinzip des endlosen Plan séquence verwenden, um eine lineare Handlung in einem atemlosen Zug zu erzählen, gelang Mokri in seinen One-Take-Filmen Fish & Cat (2013) und Invasion (2018) das Kunststück, die Linearität der Erzählzeit von der Linearität der erzählten Zeit abzukoppeln: Ereignisse wiederholen sich, aus unterschiedlichen Perspektiven, ohne dass je geschnitten würde.
In seinem neuen Film Careless Crime (2020) verzichtet Mokri zwar auf das Prinzip des One-Take, doch die erzählerischen Schleifen sind geblieben und werden obendrein mit verschiedenen Wirklichkeitsebenen verwoben. So kommen in dem Film namens Careless Crime, der in dem von einem Brandanschlag bedrohten Kino gezeigt wird, zwei Frauen vor, die sich in den Bergen Masoud Kimiais Film The Deer ansehen wollen, der 1978 in dem Kino in Abadan lief, das von Demonstranten (oder Agenten des Schahs?) in Brand gesteckt wurde. Der eine Attentäter von heute, der gleich heisst wie der überlebende Brandstifter von 1978, sieht sich im Filmmuseum einen Stummfilm über Brandkatastrophen in Kinos an. Den recht unbedarften Attentätern stehen Angestellte des Kinos gegenüber, deren achtlose Entscheidungen zu einer Katastrophe beizutragen drohen.
Magischer Realismus und absurde Poesie mischen sich bei Mokri mit beissender Satire. Wie der Regisseur selbst sagt: «Ein gedankenloses Verbrechen versucht, bedeutsame historische Ereignisse nachzubilden. Dieser Film jedoch versucht nicht die Geschichte nachzubilden; vielmehr handelt er vom Kino an sich.»
Michel Bodmer