Nüschelerstrasse 11, 8001 Zürich - 044 415 33 66

< Zurück
Im Lauf der Zeit
Wim Wenders (BRD 1976)

Zwei junge Männer sind unterwegs, nirgends zu Hause. Der eine auf der Flucht vor der Familie, der andere trägt in freiwilliger Einsamkeit gleichsam sein Schneckenhaus mit sich: einen Laster, dessen Führerhaus sein Heim ist. Sie lassen sich treiben, an der Grenze zur DDR, durch deutsche Einöden, ein Leben fern von all den Ansprüchen an Staatsbürger, das Bruttosozialprodukt zu erhöhen. Der eine ruht gelassen in sich, in früh akzeptierter Selbstbescheidung, der andere, gespannter, blickt nach vorne, wenn er auch kein Ziel fixiert er wird zum Schluss den neu gewonnenen Freund wieder verlassen, um seine Familie aufzusuchen.
«Zwei Männer und ihre Reise durch Deutschland, von Provinzkino zu Provinzkino. Die Bilder der kleinen Städte bei den kurzen Zwischenstops und die vorüberziehenden Landschaften ersetzen, was sonst die Dialoge leisten: das Geschehen voranzutreiben und gleichzeitig Auskunft zu geben über die seelische Verfassung der Protagonisten. Wenders breitet Strassen und Wiesen, Bäume und Felder aus, als könne allein so zur Rede kommen, wofür es sonst keine Worte gibt. Er präsentiert die Dinge in ihrer genauen und aufregenden Einzigartigkeit, so dass auch ein Abenteuer ist, welche Veränderungen sich ergeben im Lauf der Zeit.
Das sicherlich charakteristischste Merkmal seiner Sujets: die heimatlosen Helden, die sich nach einem Zuhause sehnen. Im Lauf der Zeit ist der Höhepunkt von Wenders' erster Schaffensperiode, in der er es auf die Spitze treibt mit dem Motiv des Mannes, der sich im provisorischen Heim durch die Welt bewegt. (...) Eine weitere Linie zieht der Film, indem er die Frage nach der Lage des Kinos stellt, nach dem Stand, den Verhältnissen, den Perspektiven. Er zeigt den Verfall der Kinosäle und der Apparaturen. (...) Wenders ist kein Träumer. Nur ein Spurensucher, ein präziser Protokollant des Gegebenen wie des Möglichen. Er enthüllt den miserablen Zustand des Kinos, um darüber eine neue Zukunft zu finden.
Im Lauf der Zeit steht für eine sehr eigenständige, dem Gefühl seiner Zeit geradezu entgegenstehende kinematographische Strategie. Wo andere das Offensichtliche oder das Letzte angehen, fragt der Film nach dem Einfachsten: der Empfindung fürs tagtägliche Leben; und das mit den einfachsten Gesten. Nichts wird besonders dramatisiert, nichts kunstvoll zugespitzt. Alles, was passiert, geschieht über Verhalten, Beobachtung und Bewegung. Die Männer und ihre Handlungen, auch im Kleinen, die Dinge um sie herum, und die Räume, die sie durchqueren: Etwas kommt in Gang, das dem Grundlegenden sich verweigert - und gerade deshalb um so grundlegender wirkt. Keine Geschichte, auf Höhepunkte bezogen, sondern das Konkrete, direkt und unmittelbar.» (Norbert Grob)

Drehbuch: Wim Wenders
Kamera: Robby Müller, Martin Schäfer
Musik: Axel Linstädt
Schnitt: Peter Przygodda

Mit: Rüdiger Vogler (Bruno Winter), Hanns Zischler (Robert Lander), Lisa Kreuzer (Pauline), Rudolf Schündler (Roberts Vater), Marquard Bohm (Mann der Verunglückten), Dieter Traier (Tankstellenbesitzer), Franziska Stömmer (Kinobesitzerin), Patrick Kreuzer (Junge auf dem Bahnhof), Peter Kaiser (Paulines Filmvorführer)

176 Min., 35 mm, D

Spieldaten


Vergangene Vorstellungen:
So.,
21.1.1996
16:30
Mo.,
22.1.1996
20:15