In Our Daily Bread beschäftigt sich King Vidor mit den Folgen der Weltwirtschaftskrise: der Massenarbeitslosigkeit. Im Mittelpunkt steht ein junges Paar (vergleichbar jenem aus «The Crowd), das - einem Ratschlag folgend - die Stadt verlässt, um ohne landwirtschaftliche Kenntnisse eine brachliegende Farm zu bebauen. Während sich die beiden hilflos abrackern, zieht eine schier endlose, traurige Karawane von Besitzlosen vorbei, die auf der Suche nach Arbeit quer über den ganzen Kontinent wandern. Einige von ihnen bitten, auf der Farm bleiben und mitarbeiten zu dürfen. So entsteht schliesslich eine Art «Kommune», eine Kooperative, zu der Handwerker ebenso wie Bauern gehören: Gemeinsam behaupten sie sich mit Opfermut gegen Zwangsversteigerung und Not, gegen die Versuchungen der Stadt, die Vidor in den Verlockungen eines verwirrend blonden Provinz-Vamps symbolisiert, gegen Hunger und Dürre. Gemeinsam hacken
sie schliesslich einen Kanal aus der ausgetrockneten Erde, durch den das Wasser von einer weit entfernten Quelle heranfliesst, das Land zu bewässent und den Erfolg des Unternehmens zu sichern.
Dieser Schluss, eine Hommage an das frühe sowjetische Filmschaffen, an Viktor Turins epischen Dokumentarfilm Turksib vor allem, gehört seiner Artistik und seiner naiven Lauterkeit wegen zu den grossen, schönen, kraftvollen Sequenzen der Filmgeschichte. Vidor, in dessen Filme die Beschwörung der Hoffnung allzugern in
Sentimentalität erstarrt, hat hier mit den expressiven Darstellungsmitteln, die er in The Crowd erprobte, eine Montage von suggestivem Pathos geschaffen, die ein Engagement erkennen lässt, das weniger ideologisch denn gefühlsbetont ist, das aber auch dem christlichen Glauben der Nächstenliebe zu entströmen scheint: die
stakkatoartig geschnittenen Bilder vom Graben des Kanals, die Wucht des entgegenrauschenden Wassers, die hoffnungsvollen Gebärden der ausgestreckten Hände, der wilde Tanz im ersehnten Nass, die Freude an der Fruchtbarkeit - das alles nimmt den Charakter eines biblischen Rituals an.
Drehbuch: Elizabeth Hill, King Vidor, Joseph L. Mankiewicz (Dialoge)
Kamera: Robert Planck
Musik: Alfred Newman
Schnitt: Lloyd Nosler
Mit: Karen Morley (Mary Sims), Tom Keene (John Sims), John Qualen (Chris Larsen), Barbara Pepper (Sally), Addison Richards (Louie), Lloyd Ingraham (Onkel Anthony), Bill Engel (Mr. Cohen), Nellie V. Nichols (Mrs. Cohen), Henry Hall (der Zimmermann), Frank Minor (der Spengler)
74 Min., 35 mm, E, ab 14