Karin, eine junge Flüchtlingsfrau aus Litauen, ist nach dem Krieg in Süditalien interniert und flüchtet sich aus dem tristen Lagerleben in die Ehe mit einem Fischer auf der Vulkan-Insel Stromboli. Hier erst recht eine Fremde, erregt sie vielfachen Anstoss, fühlt sich ihrerseits von Vielem abgestossen und wird von ihrem Mann und den Frauen des Dorfes gedemütigt. In der äussersten Verzweiflung besteigt sie den Vulkan.
«Der ausserordentliche Grad von Innerlichkeit und Unsicherheit, den Rossellini Karins Figur in diesem Film erlaubt, wurde lange Zeit als eine Vorwegnahme der Nouvelle Vague und des subjektiven Kinos eines Fellini oder Antonioni angesehen. Doch Rossellini ist noch nicht modernistisch genug, um der Entfremdung einen Wert zuzusprechen oder sie gar zu akzeptieren, vielmehr zeigt er sie als ein Übermass an Stolz und einen Mangel an Balance, den es zu korrigieren gilt. Vergleicht man das Ende von Antonionis L’eclisse (1962) mit jenem von Stromboli, so treten die unterschiedlichen Haltungen hervor. Beides sind Szenen von allein herumstreifenden Frauen. Doch während Monica Vitti bei Antonioni eine trostlose urbane Landschaft durchquert, führt Rossellinis üppiges Ende mit seinen subtil choreographierten Bewegungen und seinen sonnenbeleuchteten Kompositionen zu einer Art Offenbarung.» (Fred Camper, Chicago-Reader)
«Die Schlusssequenz, die Rossellini Tadel und Hohn von vielen Kritikern eingetragen hat, ist vielleicht die kühnste, die er je gemacht hat. Sie zeigt nämlich nicht, wie diese Frau von einer Sekunde auf die andere gläubig wird, sondern Karin in einem Zustand von absoluter Verzweiflung: am Ende. Nur deshalb, und nicht etwa, weil sie an Gott glaubt, ruft sie ihn. Es ist ein Augenblick existenzieller Verzweiflung, ein Moment äusserster Bewusstheit, des Innehaltens.» (Rudolf Thome, in: Roberto Rossellini, Hanser 1987)
Die amerikanische Version von Stromboli endet mit der Gewissheit von Karins Rückkehr ins Dorf, die italienische, fast eine halbe Stunde längere Version hält das Ende offen. – Reedition mit neuer Kopie.
Drehbuch: Roberto Rossellini, Sergio Amidei, Gian Paolo Callegari, nach einer Geschichte von Roberto Rossellini
Kamera: Otello Martelli
Musik: Renzo Rossellini
Schnitt: Jolanda Benvenuti, [für die US-Version: Roland Gross]
Mit: Ingrid Bergman (Karin Björsen), Mario Vitale (Antonio), Renzo Cesana (Priester), Mario Sponza (Leuchtturmwärter), Roberto Onorati (Kind), Gaetano Famularo (Gitarrenspieler), und die Bewohner von Stromboli
106 Min., sw, 35 mm, I/d/f