Kusturicas unbestrittenes Meisterwerk erzählt von den Verheerungen, die die jugoslawische Variante des Stalinismus in einer Familie der frühen fünfziger Jahre anrichtet. Ein Familienvater wird von seinem eigenen Schwager, einem hart gesottenen Parteisoldaten, wegen einer beiläufigen Bemerkung über eine politische Karikatur, vielleicht aber auch seiner notorischen Schürzenjägerei wegen ins Arbeitslager gesteckt. Die Mutter reibt sich zwischen der Fürsorge für die Kinder, den Gefangenen, ihrem Vater und ihrer Arbeit als Näherin auf und zieht schliesslich zum vorerst Begnadigten ins temporäre Exil. Am Ende ist äusserlich alles wieder beim Alten – und doch keine Figur ohne unheilbare seelische Verletzungen.
Kusturica legt diese Geschichte als tragikomisches Gesellschaftsfresko an und schafft es dabei mühelos, jeder einzelnen Figur lebhafte, unverwechselbare Züge zu verleihen und poetische Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Einzig das Schlafwandeln eines kleinen Jungen, der auch als Erzähler fungiert, wird bisweilen schon für jene buchstäblichen poetischen Höhenflüge strapaziert, zu denen Kusturica später vermehrt neigt. (afu)
Papa ist auf Dienstreise gewann 1985 die Goldene Palme in Cannes und wurde 1986 für den Oscar als bester nicht-englischsprachiger Film nominiert.
Drehbuch: Abdulah Sidran
Kamera: Vilko Filać
Musik: Zoran Simjanović
Schnitt: Andrija Zafranović
Mit: Miki Manojlović (Mehmed Mesa Zolj), Moreno D'E Bartolli (Malik), Mirjana Karanović (Senija Sena Zolj), Mustafa Nadarević (Zijah Zijo Zulfikarpasić), Mira Furlan (Ankica Vidmar), Predrag Laković (Kucepazitelj Franjo), Pavle Vujisić (Dedo Muzamer), Slobodan Aligrudić (Ostoja Cekić), Eva Ras (Ilonka Petrović), Aco Djorcev (Dr. Ljahaov)
136 Min., Farbe, 35 mm, OV/d/f