In einem Provinznest versucht ein Polizeiinspektor einen Bandenführer dingfest zu machen und damit seinen Beitrag zum Aufbau der Sowjetgesellschaft zu leisten. Dabei verliebt er sich in eine Schauspielerin, die ihrerseits unglücklich in einen Journalisten verliebt ist.
«Der Film wurde zum Kultfilm der Kunstszene. (…) Der Stoff basiert auf einer Erzählung von Juri German, dem Vater des Regisseurs, der damals bei der Kriminalpolizei gearbeitet hatte. Die Dialoge stammen aber aus Protokollen von Verhören. Alexej German stellte im Atelier die väterliche Wohnung nach, hängte Porträts der Eltern an die Wand und gab dem Schauspieler die Tabakspfeife seines Vaters. Er inszenierte das Geschehen nicht als dokumentarische Rekonstruktion, sondern als Traum, als Erinnerung eines Jungen, der inmitten dieser Erwachsenen gelebt hat und nun als erwachsener Erzähler seine Kindheitstage Revue passieren lässt. (…) Das visuelle Bild der Epoche wurde mithilfe von Amateurfotos rekonstruiert (…). Die merkwürdige Aufnahmequalität mit dunklen, kontrastreichen Einstellungen, Grobkorn und seltsamen Bildkompositionen, die durch die sich stets bewegende Kamera entstehen, ist als störender Reiz eingesetzt. Die Hauptfiguren werden häufig von zufällig ins Bild geratenen Schultern, Rücken oder Möbelstücken verdeckt; verschiedene Tonspuren werden übereinandergemischt, Sätze abgeschnitten. Dieser Stil erschwert absichtlich die Wahrnehmung. Der Zuschauer sucht, so wie er es gewohnt ist, nach dramatisch-symbolischen Klammern und Deutungen. Gerade sie aber will der Regisseur eliminieren. (…) Germans Stil, der einen Dokumentarismus vortäuscht und gleichzeitig Stilisierung spüren lässt, wurde sofort aufgegriffen und prägte die Filme vieler jüngerer Lenfilm-Regisseure.» (Oksana Bulgakowa, in: Geschichte des sowjetischen und russischen Films, Metzler 1999)
«Das Werk ist eine Hommage an die dreissiger Jahre und wirkt heute moderner denn je, dank seinem von Schemata und (Vor-)Urteilen befreiten Herangehen an die Geschichte und einer Kamera, die stellenweise an die Dogma-Filme erinnert.» (Alexander Mirimov, taz.de, 9.11.2000)
Trailer
Drehbuch: Eduard Wolodarski, Alexej German, basierend auf der Erzählung «Ein Jahr» von Juri German und auf authentischen Akten
Kamera: Waleri Fedossow
Musik: Arkadi Gagulaschwili
Mit: Andrej Boltnew (Iwan Lapschin), Nina Ruslanowa (Natascha Adaschowa), Andrej Mironow (Chanin), Alexej Zharkow (Okoschkin), Sinaida Adamowitsch (Patrikejewna), Alexander Filippenko (Sanadworow)
100 Min., Farbe + sw, 35 mm, Russ/f