Die Pionierrolle Max Linders (1885–1925) als Filmkomiker und als Autor von Filmen, die sich durch einen feineren Humor von den Farcen seiner Vorgänger abhoben, ist unbestritten. Zu jenen, die ihm als Vorbild grossen Respekt zollten, gehörte nicht zuletzt Charles Chaplin. Doch jahrzehntelang war Linder fast ausschliesslich in den Kompilationen zu sehen, die Maud Linder aus den Filmen ihres Vaters zusammengeschnipselt hatte. Erst nach Ablauf der urheberrechtlichen Schutzfrist haben Archive und Restauratoren angefangen, die Werke Linders wieder in ihrer ursprünglichen Form zugänglich zu machen. Die überfällige Linder-Hommage im Rahmen des Stummfilmfestivals bringt einen seiner frühen französischen Kurzfilme zusammen mit einem langen Film, den Linder als sein eigener Produzent in den USA drehte und damit zeigte, dass er seinerseits den amerikanischen Slapstick kreativ weiterzuentwickeln wusste. Seven Years Bad Luck enthält u. a. das Urbild der komischen Spiegelszene, die später von den Marx Brothers und anderen Komikern aufgegriffen wurde.
«Zu den bedeutendsten Leistungen des französischen Films vor 1914 gehörte die Komikerschule (…). Alle [anderen] Komiker übertrumpfte Max Linder durch die Eleganz und Präzision seines Stils. (…) Linder repräsentierte – ganz im Gegensatz zu Chaplin, auf den er nichtsdestoweniger Einfluss ausgeübt hat – den Typ des ‹aristokratischen› Komikers, der stets untadelige Kleidung trägt (…). Seine Filme sind wie Novellen konzipiert; ihre besten sind von einer Konzision und Treffsicherheit der Akzente, die an Maupassant erinnert. (…) Linders Filme lassen alle damals bekannten Elemente der Filmkomödie – Trick- und Situationskomik, Verfolgungen, Stürze – zu einem fein abgestimmten Arrangement verschmelzen, das meist von maliziöser Ironie gewürzt ist.» (Ulrich Gregor/Enno Patalas: Geschichte des Films, Gütersloh 1962)
VIVE LA VIE DE GARÇON
«Nach einem Ehekrach kehrt die Frau von Max zu ihrer Mutter zurück. Max ist ausser sich vor Freude – aber nicht für lange: So schwierig hatte er sich die Haushaltarbeit nicht vorgestellt!» (Katalog Lobster Film Paris)
SEVEN YEARS BAD LUCK
«Nach einem etwas zu feuchtfröhlichen Polterabend zerbricht Max einen Spiegel, was ihm sieben Jahre Unglück bescheren soll. Zuerst gibt ihm seine Verlobte den Laufpass und droht, seinen besten Freund zu heiraten. Max muss die Situation wieder ins Lot bringen.
Max Linders Meisterwerk, dessen berühmte Spiegelszene die Marx Brothers beeinflusst hat.» (Katalog Lobster Film Paris)
Gesamtdauer: 69 Min.
Drehbuch: Max Linder
Kamera: Charles Van Enger
Mit: Max Linder (Max), Alta Allen (Max' Verlobte Betty), Ralph McCullough (Max' Diener John), Betty K. Peterson (Max' Dienstmädchen), F. B. Crayne (Max' falscher Freund), Chance Ward (Zugschaffner), Harry Mann (Koch), Hugh Saxon (Stationsbeamter), Thelma Percy (Tochter des Stationsbeamten)
62 Min., tinted, DCP, Stummfilm, engl. Zw'titel