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Madrigal

Kubas Kino hat viele Schweizer Fans, und kein kubanischer Regisseur hat mehr Erfolg als Fernando Pérez. Anlässlich seiner Friedrich-Dürrenmatt-Gastprofessur weilt Pérez derzeit in der Schweiz. Zu seinem Besuch in Zürich zeigt das Filmpodium seinen grössten Hit La vida es silbar und seine fantasievolle Fabel Madrigal.

Die Filme des Kubaners Fernando Pérez haben nicht nur in seiner Heimat und in Lateinamerika Erfolg, sondern auch in Europa. Seine Gabe, die Poesie des magischen Realismus lateinamerikanischer Prägung mit satirischer Systemkritik zu verquicken, findet hierzulande grossen Anklang, sogar noch mehr als in Spanien.
In La vida es silbar kontrastiert Pérez drei Schicksale aus Havanna: Die Tänzerin Mariana will enthaltsam sein, um ihre Traumrolle zu ergattern – und verliebt sich prompt; Elpidio, ein kiffender Kindskopf, den seine Mutter verlassen hat, will nicht erwachsen werden; die Sozialarbeiterin Julia fällt bei der Erwähnung von Sex in Ohnmacht. Doch die gute Fee Bebé wacht über die drei bei ihrer Suche nach dem Glück.
Madrigal ist Pérez’ Hommage an den legendären Cineasten René Clair. Der schöne Schauspieler Javier soll die füllige Luisita verführen, um deren riesige Wohnung zu ergattern, verliebt sich aber in sein «Opfer». In einem Zukunftsroman verarbeitet Javier seine zwiespältigen Gefühle für sein trügerisches Tun. (mb)

Fernando Pérez (Kuba 2007)

Der Schauspieler Javier ist mit seiner schönen Kollegin Eva liiert. Bei einer Vorstellung ihres Stücks sitzt eine einzige Zuschauerin im Theater, die füllige Luisita. Diese arbeitet im Leichenschauhaus und lebt allein in einer Riesenwohnung, die von vielen begehrt wird. Eva stiftet Javier dazu an, «die Dicke» zum Schein zu erobern, sie zu heiraten und dann zu vergiften, damit er mit Eva in der Wohnung leben kann. Javier steigt auf das Spiel ein, entwickelt aber Gefühle für Luisita, und die Grenzen zwischen emotionalem Schein und Sein verschwimmen. Während Luisita nicht sicher ist, ob sie Javier trauen kann, macht dieser sich Sorgen, weil Angel, sein Rivale am Theater, Eva begehrt. Javiers zwiespältige Einstellung zu seinem Tun und seiner Beziehungswelt schlägt sich in einem Roman nieder, den er in der Freizeit schreibt. Seine Geschichte spielt in einer nahen Zukunft, die von zwanghaftem Sex geprägt ist und weder freien Willen noch Liebe zulässt. Sein Alter Ego in dieser Fiktion heisst Angel ...
«Madrigal, eine anspruchsvoll-intensive Fabel über die Fantasie als Fluchtraum, ist – wie der kubanische Autorenfilmer Fernando Pérez in seinen Anmerkungen freimütig einräumt – jene Art von ernstem, elliptischem Kino, die allzu gerne als ‹prätentiös› abgestempelt wird. Allerdings machen die sichere Hand des Regisseurs, der atmosphärische Reichtum und das enorme handwerkliche Können dieser hyperstilisierten Liebesgeschichte deren gelegentlich kunstakademische Attitüde mehr als wett.» (Jonathan Holland Variety, 15.2.2007)
Fernando Pérez weist in Madrigal zwei seiner Idole die Ehre. Die Struktur des Films, der in den letzten zwanzig Minuten die Wirklichkeitsebene wechselt und Javiers Erzählung dramatisiert, erinnert an David Lynchs Lost Highway. Gewidmet ist Madrigal aber René Clair, der in Les grandes manœuvres (1955) von einem Verführer erzählt, der sich unversehens in eine spröde, geschiedene Frau verliebt. Pérez lässt seine vertrackte Liebesgeschichte in den Schluss münden, den Clair eigentlich drehen wollte, den ihm die Produzenten jedoch untersagten.

Drehbuch: Susana Maria, Fernando Pérez, Eduardo del Llano
Kamera: Raúl Pérez Ureta
Musik: Edesio Alejandro
Schnitt: Iñigo Remacha, Julia Yip

Mit: Carlos Enrique Almirante (Javier), Liety Chaviano (Luisita), Ana de Armas (Stella Maris), Luis Alberto García (Angel), Carla Sánchez (Eva), Yailene Serra (Elvira), Armando Soler (Harfenverkäufer)

112 Min., Farbe, 35 mm, Sp/d/f

Spieldaten


Vergangene Vorstellungen:
Fr.,
15.4.2016
18:00
anschl. Gespräch mit dem Regisseur; Eintritt 21.--/17.--