Der Lokführer Andrea Marcocci muss miterleben, wie ein verzweifelter Mann vor seinen Zug springt. Traumatisiert von dem schlimmen Vorfall begeht er bei der Arbeit immer öfter Fehler. Als bei einer medizinischen Untersuchung sein hoher Alkoholkonsum festgestellt wird, kürzt ihm die Bahngesellschaft seinen Lohn.
Der Niedergang eines einfachen Arbeiters beeindruckte Kurt Früh dermassen, dass er ihm als Vorbild für seinen Film Bäckerei Zürrer diente. Der Regisseur Pietro Germi spielt die Hauptrolle selbst (er wollte zuerst Spencer Tracy als Zugführer) und vermag die zunehmende Hilflosigkeit der Hauptfigur eindrücklich darzustellen. Subtil, ohne Pathos erzählt das in Cannes und San Sebastian ausgezeichnete Spätwerk des italienischen Neorealismus vom sozialen Abstieg und dem langsamen Abgleiten in den Alkoholismus.
«Auch wenn sich der Film vom Thema und der Technik in die Strömung des Neorealismus einschreibt, könnte Il ferroviere meiner Meinung nach nicht weiter entfernt von den Filmen Rossellinis und sogar De Sicas liegen. Die Bezugspunkte, welche mir hinsichtlich der Kameraarbeit einfallen, sind King Vidor und William Wyler. (…) Die Ehrlichkeit der Darstellung in Germis Spiel, eine staunenswerte ‹Präsenz› verbunden mit einer authentischen Physik, trägt viel zum ungewöhnlichen Charme dieser fesselnden Darstellung bei.» (André Bazin, France-Observateur, 6.3.1958)
Gesamtdauer: 128 Min.
Drehbuch: Alfredo Giannetti, Pietro Germi
Kamera: Leonida Barboni
Musik: Carlo Rustichelli
Schnitt: Dolores Tamburini
Mit: Pietro Germi (Andrea Marcocci), Luisa Della Noce (Sara Marcocci), Sylva Koscina (Giulia Marcocci), Saro Urzi (Gigi Liverani), Carlo Giuffrè (Renato Borghi), Renato Speziali (Marcello Marcocci), Edoardo Nevola (Sandro Marcocci)
118 Min., sw, 35 mm, I/d/f