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Tristana
Luis Buñuel (Spanien/Italien/Frankreich 1970)

«Keiner hat Deneuve so konsequent etwas zugemutet wie Luis Buñuel, der Meister des Makabren, Surrealen und Perversen. (…) Aber Deneuve wirkte nie weniger verschreckt als hier, weil Buñuels Attacken heimliche Machtproben waren. Sie standen schon im Drehbuch, und Deneuve konnte erkennen, dass sie auf sehr elegante und nachhaltige Weise anders vom Fluch und Geschenk ihrer Schönheit erzählen konnte, als das Kolleginnen vergönnt war. Deneuve war nie ätherisch schön, sie war immer die perfekte Blüte, die sich als Falle für jedes Insekt entlarven konnte, das in die Nähe ihrer zuschnappenden Blätter surrte. In Tristana tritt sie gleich zu Anfang in Sack und Asche ins Bild, in Trauerkleidung. (…) Dieses Mädchen wird seinem von Fernando Rey gespielten Onkel übergeben, einem alten, fast bankrotten Schwerenöter, der Vormundschaft und Buhlschaft nicht trennen kann. (…) Wie leicht liesse sich Tristana als Opfergeschichte von Schändung und Traumatisierung, von sexueller Ausbeutung und sozialer Einkerkerung erzählen. Aber dieser Film, in dem fast jede neue Szene nicht nur einen Zeitsprung bringt, sondern eine merkliche Fortentwicklung der Beziehung von Tristana und ihrem Onkel, ist viel komplexer. Als der geile alte Herr dem Mädchen den ersten Kuss aufzwingt, leuchtet etwas im Gesicht der Deneuve. Diese Tristana begreift, dass sie Tugend abgibt und Macht gewinnt. Immer wieder wird sie sich bei anderen als angeekelt und unglücklich beschreiben. Aber das beschreibt ihre Lage nur ansatzweise, so wie ihre Beziehung zu einem jungen Liebhaber nicht nur sinnliche Seligkeit ist. Onkel und Nichte können nicht voneinander lassen. Aber so, wie Tristana den herrschsüchtigen Gockel nach und nach zum hohltönenden Wicht macht, geht sie auch selbst kaputt. Sie wird ein Bein verlieren, und wie Buñuel die Schönheit an Krücken zeigt, das ist ein perfekter Ausdruck für die Hassliebe des Kinos zu den aussergewöhnlich Strahlenden. Hitchcock war, wen wundert’s, ein Bewunderer von Tristana.» (Thomas Klingenmaier, Stuttgarter Zeitung, 22.10.2013)
Zurzeit sind keine französischsprachigen Kopien des Films verfügbar. Wir zeigen ihn darum in der ebenfalls originalen spanischen Fassung.

Drehbuch: Luis Buñuel, Julio Alejandro, nach dem Roman von Benito Pérez Galdós
Kamera: José Fernández Aguayo
Schnitt: Pedro del Rey

Mit: Catherine Deneuve (Tristana), Fernando Rey (Don Lope), Franco Nero (Horacio), Lola Gaos (Saturna), Jesús Fernández (Saturno), Antonio Casas (Don Cosme), Vicente Soler (Don Ambrosio), José Calvo (Glöckner), Fernando Cabrian (Dr. Miquis), Cándido Losada (reicher Bürger), Maria Paz Pondal (Mädchen), Juan José Menéndez (Don Cándido)

99 Min., Farbe, Digital HD, Sp/d, ab 12

Spieldaten


Vergangene Vorstellungen:
So.,
11.6.2017
20:45
So.,
18.6.2017
18:15
Do.,
22.6.2017
20:45