In freier Bearbeitung des antiken Roman-Fragments von Petronius beschreibt Fellini die erotischen Abenteuer zweier Jünglinge in der dekadenten römischen Gesellschaft zur Zeit Neros.
«Der Film pointiert in vielen grotesken Episoden die Krise einer Gesellschaft in unsicheren Zeiten, auf nichts scheint Verlass zu sein, Erdbeben in realer und symbolischer Art erschüttern die Behausungen, Menschen fliehen und beschwören vergeblich die Götter, die Dekadenz der Reichen und der Zerfall der alten Mächte münden in Narretei und Chaos. Insofern regt das ‹Satyricon› des Petronius, dessen Lektüre auch dem Film La dolce vita zu Grunde gelegen haben soll, einen weiteren Versuch Fellinis an, das Panorama einer Gesellschaft ‹in Auflösung› zu entfalten. Die bruchstückhafte Aneinanderreihung der Episoden wird zum Leitfaden des Erzählens. (…) Fellini macht deutlich, dass sich dieser Film eine Welt vorstellt, in der Hetero- und Homosexualität fliessend ineinander übergehen. Die fluktuierende Sinnlichkeit kann ebenso als Merkmal einer dekadenten Ära wie als Indiz einer liberalen und aufgeschlossenen Epoche gelten. Fellini gewinnt unter dem Einfluss der Counterculture, der freizügigen Lebensart der Hippies in den 1960er-Jahren, ein ausserordentlich zuversichtliches Verhältnis zu jungen Menschen: Ihre unverkrampfte neue Natürlichkeit, die nicht von kirchlichen Tabus umzingelt und vergiftet wird, das Wiederaufleben oder die Wiedereinsetzung der Erotik in alte Rechte hat bei Fellini ausdrückliches Wohlwollen hervorgerufen.» (Thomas Koebner: Federico Fellini, et+k 2010)
Drehbuch: Federico Fellini, Bernardino Zapponi, nach einem Romanfragment von Titus Petronius Arbiter
Kamera: Giuseppe Rotunno
Musik: Nino Rota
Schnitt: Ruggero Mastroianni
Mit: Martin Potter (Encolpio), Hiram Keller (Ascilto), Max Born (Gitone), Salvo Randone (Eumolpo), Magali Noël (Fortunata), Alain Cuny (Lica), Capucine (Trifena), Mario Romagnoli (Trimalcione), Lucia Bosé (Matrone)
128 Min., Farbe, 35 mm, I/d/f