«Sowohl thematisch als auch formal wirkt Poison bis heute trotzig. Es ist das Werk eines jungen Filmemachers, der die Welt um sich herum betrachtete, das Schweigen der US-Regierung zur Aids-Krise und den Mangel an erkennbaren Schwulen in der Kultur sah und sich diese brisante Allegorie über die damalige Zeit ausdachte. Der Film springt hin und her zwischen drei Teilen: einer fiktiven TV-Reportage über die Mutter eines Jungen aus Long Island, der seinen Vater erschossen hat; einem schwarzweissen Science-Fiction-Film-noir B-Movie über einen Wissenschaftler, den sein eigener Durchbruch krank macht; und einem homoerotischen Gefängnisfilm mit Abstechern in eine Fantasie über eine Knaben-Besserungsanstalt. Etwas überraschend gewann Poison den Grand Jury Prize in Sundance, was heute undenkbar anmutet.» (Wesley Morris, Boston Globe, 7.1.2011)
Viele Mitarbeiter der Produktion, darunter Christine Vachon als Regie-Assistentin und Koproduzentin, gehörten zu Apparatus, der Produktionsgesellschaft, die Todd Haynes zusammen mit Vachon Mitte der 80er-Jahre gegründet hatte. In Berlin gewann Poison, ein Pionierwerk des New Queer Cinema, «den Teddy für den besten queeren Spielfilm. Ein Publikum, das nach Film-Bildern von schwulem und lesbischem Leben hungerte, feierte den experimentellen Abgesang auf die Integration in den Mainstream – denn der sah der Community gerade beim Sterben zu. Poison hatte eine ästhetische Sprache für die neuen Ausgrenzungen durch Aids gefunden, die sich nicht mehr in Feel-Good-Movies erzählen liessen.» (Jan Künemund, Der Spiegel, 19.2.2016)
Drehbuch: Todd Haynes, nach den Romanen von Jean Genet
Kamera: Maryse Alberti
Musik: James Bennett
Schnitt: Todd Haynes, James Lyons
Mit: Edith Meeks (Felicia Beacon), Scott Renderer (John Broom), James Lyons (Jack Bolton), John R. Lombardi (Rass), Larry Maxwell (Dr. Graves), Susan Norman (Nancy Olsen)
83 Min., Farbe + sw, 35 mm, E/d