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Cinema Futures

Zur Feier des 70-jährigen Bestehens der Cinémathèque suisse findet im Filmpodium am Donnerstag, dem 1. November um 18.00 Uhr ein Sonderanlass statt. Nach einer Vorführung des Essayfilms Cinema Futures (2016) von Michael Palm diskutieren Cinémathèque-Direktor Frédéric Maire und Sarah Elena Schwerzmann über Aufgaben und Herausforderungen des Filmarchivs im digitalen Zeitalter.

Die Cinémathèque suisse, deren Deutschschweizer Partnerkino das Filmpodium ist, steht heute in Bezug auf den Umfang ihrer Sammlung an sechster Stelle unter den bedeutendsten Filmarchiven der Welt, was sich bei der Gründung des Vereins 1948 wohl niemand hätte träumen lassen. Damals wurde das fünf Jahre zuvor geschaffene «Schweizerische Filmarchiv» wegen der Streichung der Subventionen durch die Stadt Basel in die Cinémathèque suisse umgewandelt, worauf auch die Archivbestände nach Lausanne wanderten. Die Institution war quantitativ noch überschaubar: Ihr zweiter, langjähriger Direktor Freddy Buache brachte 1952 die ganze Cinémathèque in einer Zweizimmerwohnung unter. Ab 1963 unterstützte der Bund das bisher ehrenamtlich betriebene Archiv und drei Jahre später begann die Cinémathèque, Filme auch vorzuführen. Von 1981 an war das Archiv eine Stiftung und im Lausanner Casino Montbenon zu Hause. Die Bestände, die inzwischen neben vielen «Helvetica» auch Tausende von ausgedienten Verleihkopien internationaler Kinofilme samt Plakaten und Fotos umfassten, nahmen einen Umfang an, der ab 1992 in einem neuen Archivierungszentrum in Penthaz aufgefangen werden musste. 1996 löste Hervé Dumont Freddy Buache als Direktor ab; 2009 rückte Frédéric Maire nach. 2011 genehmigte der Bundesrat die Einrichtung digitaler Archivierungstechnologie im erweiterten Zentrum Penthaz, das 2019 in Betrieb genommen werden soll.

Der doppelte, teils widersprüchliche Zweck von Filmarchiven – Konservierung und Vermittlung des Filmerbes – ist ein Kernthema des Essayfilms Cinema Futures (2016) von Michael Palm. Die Digitalisierung als Chance (unbeschränkte Möglichkeiten zur Restaurierung und Verbreitung historischer Filme; beliebige Manipulierbarkeit von Bild und Ton für heutige Filmschaffende), aber auch als Fluch (Verfälschung des klassischen Kinoerlebnisses, ungelöste Archivierungsprobleme) wird in Cinema Futures umfassend vor Augen geführt und diskutiert, u. a. von Cineasten wie Martin Scorsese und Christopher Nolan.

Michael Palm (Österreich/Indien/Norwegen/USA 2016)

«Mit Blick auf ein steinzeitliches Grab im Naturhistorischen Museum in Wien und auf ägyptische Mumien bringt Palm in seinem klug aufgebauten Essayfilm, der vom Österreichischen Filmmuseum anlässlich seines 50-Jahr-Jubiläums in Auftrag gegeben wurde, das Spannungsfeld von Vergänglichkeit und Bewahrung ins Spiel. Die Funktion des Films als Bewahrer persönlicher Erinnerungen, an den mit Home-Movies erinnert wird, steht die Dimension des Films als Kulturgut gegenüber, die von Regisseur Michael Palm durch klug montierte Ausschnitte aus Klassikern wie Vertigo, The Lady from Shanghai, Lawrence of Arabia und Taxi Driver bewusst gemacht wird.
Michael Palm spielt in seinem Film – oder vielmehr seinem File, denn gedreht wurde digital – nicht analog gegen digital aus, sondern lässt nüchtern Positionen aufeinanderprallen. Ohne in Nostalgie zu verfallen, macht er die besondere Qualität des analogen 35 Millimeter-Materials sichtbar, zeigt aber auch anschaulich die Möglichkeiten heutiger Filmrestaurierung. Auch diese bleiben nicht unwidersprochen – wird doch die Frage aufgeworfen, ob ein perfektes, staubfreies Filmbild überhaupt sinnvoll ist. Immer wieder geht der Blick vom Status quo in die Zukunft: Und hier zeigt sich, wie problematisch die Archivierung digitaler Filmkopien ist, wo doch die Daten bei Systemänderungen nicht mehr gelesen werden können. So bleibt letztlich zur dauerhaften Bewahrung von Filmgeschichte – trotz der technischen Revolution – doch einzig wieder die Archivierung auf analogem Filmmaterial.» (Walter Gasperi, Die Furche 17/2017)

Drehbuch: Michael Palm
Kamera: Jörg Burger
Musik: Michael Palm
Schnitt: Michael Palm

Mit: Martin Scorsese, Christopher Nolan, Apichatpong Weerasethakul, Tacita Dean, David Bordwell, Paolo Cherchi Usai, George R. Willeman, Nicole Brenez

126 Min., Farbe + sw, DCP, D+E/d

Spieldaten


Vergangene Vorstellungen:
Do.,
1.11.2018
18:00
anschl. Frédéric Maire im Gespräch mit Sarah Elena Schwerzmann