«Ein standesbewusster Ehrenmann verführt in den frühen dreissiger Jahren in Toledo sein 40 Jahre jüngeres Mündel und zwingt der von ihm materiell wie gesellschaftlich abhängigen 18-Jährigen ein eheähnliches Verhältnis auf. Ihre Flucht mit einem jungen Maler endet erneut bei ihrem Vormund, als sie schwer erkrankt und ihr ein Bein amputiert werden muss. Durch Leid hart geworden, ist nun sie unerbittlich in der Durchsetzung ihres Willens.» (Filmpodium, September/Oktober 1998)
«Wie leicht liesse sich Tristana als Opfergeschichte von Schändung und Traumatisierung, von sexueller Ausbeutung und sozialer Einkerkerung erzählen. Aber dieser Film, in dem fast jede neue Szene nicht nur einen Zeitsprung bringt, sondern eine merkliche Fortentwicklung der Beziehung von Tristana und ihrem Onkel, ist viel komplexer. Als der geile alte Herr dem Mädchen den ersten Kuss aufzwingt, leuchtet etwas im Gesicht der Deneuve. Diese Tristana begreift, dass sie Tugend abgibt und Macht gewinnt. (...) Aber so, wie Tristana den herrschsüchtigen Gockel nach und nach zum hohltönenden Wicht macht, geht sie auch selbst kaputt. Sie wird ein Bein verlieren, und wie Buñuel die Schönheit an Krücken zeigt, das ist ein perfekter Ausdruck für die Hassliebe des Kinos zu den aussergewöhnlich Strahlenden. Hitchcock war, wen wundert’s, ein Bewunderer von Tristana.» (Thomas Klingenmaier, Stuttgarter Zeitung, 22.10.2013)
Drehbuch: Luis Buñuel, Julio Alejandro, nach dem Roman von Benito Pérez Galdós
Kamera: José Fernández Aguayo
Schnitt: Pedro del Rey
Mit: Catherine Deneuve (Tristana), Fernando Rey (Don Lope), Franco Nero (Horacio), Lola Gaos (Saturna), Jesús Fernández (Saturno), Antonio Casas (Don Cosme), Vicente Soler (Don Ambrosio), José Calvo (Glöckner), Fernando Cabrian (Dr. Miquis), Cándido Losada (reicher Bürger), Maria Paz Pondal (Mädchen), Juan José Menéndez (Don Cándido)
99 Min., Farbe, Digital HD, Sp/d, ab 12