«Eine wohlhabende, von Nostalgie erfüllte Witwe macht sich auf die Suche nach dem, was hätte sein können. Sie will die Männer aufspüren, die auf der Tanzkarte ihres ersten Balls vor zwanzig Jahren aufgelistet sind, und stösst dabei auf einige der berühmtesten französischen Schauspieler jener Zeit: Harry Baur, der Mönch geworden ist; Raimu, ein Bürgermeister eines Städtchens, Louis Jouvet, ein Ganove; Pierre Blanchar, ein zwielichtiger Arzt; Fernandel, ein Friseur; Pierre-Richard-Willm, ein Bergführer. Ihre Darbietungen ergeben einen verblüffenden Katalog von Schauspielstilen. Selbst Françoise Rosay taucht auf. Wer den Film in seiner Jugend gesehen hat, spricht heute noch von seiner grössten Szene – der Enthüllung der Diskrepanz zwischen dem, was die Witwe als ihren ersten grossen Ball in Erinnerung hat, und dem armseligen kleinen Provinztanzfest, das es eigentlich war. Und man scheint Un carnet de bal eine ähnliche Nostalgie entgegenzubringen – dabei wirkt der Film trotz all seiner Stars und Auszeichnungen auch ein bisschen schäbig. In Sachen romantische Unterhaltung kann er sich mit Duviviers anderem Werk von 1937, Pépé le Moko, nicht messen. Doch er duftet durchwegs nach den 30er-Jahren und er kann als Lehrbuch französischer Schauspielkunst dienen.» (Pauline Kael, 5001 Nights at the Movies, Henry Holt 1991)
«In 1937, Julien Duvivier directed the film that would define him for decades, Pépé le moko. (…) Later that year, Duvivier made another movie that was just as popular at the time and marked a crucial turning point in his career, even if it has now been largely forgotten. Mixing comedy and drama, whimsy and realism, Un carnet de bal (…) is an episodic work that, with its technical craft, visual inspiration, and shifting tonal registers, shows the filmmaker at his very best.
Christine, a rich, childless French widow living in Italy as she enters middle age, decides to travel Europe to reconnect with the suitors of her youth, whose names are penciled on a dance card from her first ball. (…) Un carnet de bal is diverting throughout, while its melancholy about love and aging give it emotional heft.» (Michael Koresky, criterion.com, 5.11.2015)
Drehbuch: Julien Duvivier, Henri Jeanson, Jean Sarment, Bernard Zimmer, nach einer Geschichte von Julien Duvivier, Leslie Bush-Fekete
Kamera: Michel Kelber, Philippe Agostini, Pierre Levent
Musik: Maurice Jaubert
Schnitt: André Versein
Mit: Marie Bell (Christine Sugère alias Christine de Guérande), Fernandel (Fabien Coutissol), Harry Baur (Alain Regnault), Pierre Blanchar (Thierry Raynal), Louis Jouvet (Pierre Verdier, genannt Jo), Raimu (Bürgermeister François Patusset), Françoise Rosay (Madame Audié), Pierre Richard-Willm (Bergführer Eric Irvin), Pierre Alcover (Teddy Mélanco), Maurice Bénard (Bremont), Alfred Adam (Fred)
130 Min., sw, DCP, F