«Es war nicht Judex, den ich verfilmen wollte. Es war Fantômas. Denn Fantômas kennt keine Grenzen: Er erwürgt, er vergiftet, er erstickt, er zerschmettert, er löst in Säure auf, er verbrennt zu Asche, er ersticht, er erschiesst ...», so hat Georges Franju einmal geschrieben und damit auch jene Faszination auf den Punkt gebracht, die bereits die Surrealisten für die Fantômas-Serie und ihre Verfilmung durch Louis Feuillade empfanden: Fantômas ist kein simpler Verbrecher mit nachvollziehbaren Motiven, sondern die reine anarchische Auflösung. In insgesamt fünf Filmen macht Inspektor Juve Jagd auf den in immer neuen Verkleidungen auftretenden Meisterverbrecher und kann seiner doch niemals habhaft werden, weil Fantômas selbst noch aus der unmöglichsten Situation auszubrechen versteht. Sowieso geht nichts in diesen delirierenden Filmen mit rechten Dingen zu: Wohnungen betritt man nicht durch Türen, sondern immer nur durch Fenster und Geheimgänge, und was zählt, ist niemals Handlungslogik, sondern der möglichst verunsichernde Effekt. Wenn eine Leiche eingemauert wird, dann nicht, um sie zu verbergen, sondern damit, wenn jemand einen Nagel in die Wand schlägt, Blut aus ihr herausströmt. Gegner bindet man an Glockenklöppel, um ihre Körperteile bei der nächsten Sonntagsmesse auf die Kirchgänger herunterregnen zu lassen. Fantômas hat nicht nur das frühe Kino aufgemischt und sein Publikum in Panik versetzt, sondern er ist auch die erste totale Multimedia-Konzept-Kunstfigur des 20. Jahrhunderts, die sämtliche Kommunikationskanäle gekapert hat: Zeitungen ebenso wie Plakatsäulen, Druckereien, Comics, Graffiti, Gemäldegalerien und Theaterbühnen, Rundfunk und Fernsehen und eben auch die Filmleinwand. Diesem Sog von Fantômas’ surrealistischer Verstörungs- und Zerstörungslust kann man sich auch heute nicht entziehen, wenn man sich auf den Rausch der fünf Feuillade-Filme einlässt. Am besten schaut man sie sich in einem einzigen wilden Ritt an, atemlos, mit einer Flasche Hochprozentigem in der einen und einem Sandwich in der anderen Hand. (Johannes Binotto)
Wir präsentieren Fantômas als zweiteiligen Stummfilm-Marathon:
Teil 1 und 2 am Samstag, 12. März um 20.45 Uhr
Teil 3, 4 und 5 am Samstag, 19. März von 18.00 bis 23.30 Uhr (inkl. zwei Pausen)
Live-Musik: Paula Sánchez (Cello), Steve Buchanan (Altsaxofon, Elektronik), Dadaglobal Elektronik, Piano) & Simon Berz (Schlagzeug, Elektronik)
Sie können für beide Abende separate Karten erstehen. Ein Einstieg am zweiten Abend ist problemlos möglich, da die Folgen in sich abgeschlossen sind. Am meisten Spass macht Feuillades anarchisch-dunkle Vision aber im Gesamtpaket.
Mit einem Ticket von Teil 1 des Marathons vom 12.3. besuchen Sie diese Vorstellung zum reduzierten Preis. Die Vergünstigung kann nur an der Kinokasse bezogen werden.
Zeitgenössische hoch- und tiefprozentige Cocktails zur Beruhigung der Nerven oder zum besseren Einfühlen in schurkische Logik serviert im Foyer die Bar 63 aus dem Kreis 4 (wo man noch das grösste Verständnis hat für Gestalten wie Fantômas); für die Verpflegung mit Quiches, Suppe und Tartes sorgt das Restaurant Justus.
Gesamtdauer: 225 Min.
Aus dem Gefängnis verschwindet ein Leichnam. Es folgt eine ganze Reihe von Verbrechen, die scheinbar auf das Konto des Toten gehen. Juve selbst gilt als tot und Fandor muss allein ermitteln. Was hat Fantômas mit der Serie von Untaten zu tun?
Drehbuch: Louis Feuillade, nach dem Roman von Marcel Allain, Pierre Souvestre
Kamera: Georges Guérin, Albert Sorgius
Mit: René Navarre (Fantômas), Edmund Breon (Inspektor Juve), Georges Melchior (Jérôme Fandor), André Luguet (Jacques Dollon), Luitz-Morat (Thomery), Naudier (Nibet), Renée Carl (Lady Beltham), Fabienne Fabrèges (Elisabeth Dollon), Jane Faber (Prinzessin Danidoff)
90 Min., tinted, DCP, stumm, f Zw'titel/e
Weil es Inspektor Juve nicht gelingt, Fantômas zu fassen, wird er verdächtigt, selbst Fantômas zu sein, und ins Gefängnis gesteckt. Der wahre Meisterverbrecher plant aber bereits seinen nächsten Coup.
Drehbuch: Louis Feuillade, nach dem Roman «Le policier apache» von Marcel Allain, Pierre Souvestre
Kamera: Georges Guérin
Mit: René Navarre (Fantômas/Moche/Tom Bob), Georges Melchior (Jérôme Fandor), Edmund Breon (Inspektor Juve), Laurent Morléas (der Apache Paulet), Renée Carl (Lady Beltham), Jane Faber (Prinzessin Danidoff), Yvette Andréyor (Joséphine)
60 Min., tinted, DCP, stumm, f Zw'titel/e
Nach zwei Morden in Belgien wird Fantômas zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Seine Bande treibt aber weiterhin ihr Unwesen. Juve beschliesst, Fantômas freizulassen und zu beschatten, um so der Bande habhaft zu werden. Aber der Meisterverbrecher entkommt und schlüpft in die Identität eines hohen Beamten.
Drehbuch: Louis Feuillade, nach dem Roman «Le magistrat cambrioleur» von Marcel Allain, Pierre Souvestre
Kamera: Georges Guérin
Mit: René Navarre (Fantômas/Untersuchungsrichter Pradier), Edmund Breon (Inspektor Juve), Georges Melchior (Jérôme Fandor), Mesnery (Marquis von Tergall), Laurent Morléas (der Apache Paulet), Jean-François Martial (Ribonard), Germaine Pelisse (Marquise von Tergall)
75 Min., tinted, DCP, stumm, f Zw'titel/e