Edward Yang braucht keine grosse Handlung, um sein ausserordentliches Feingefühl für Orte, Menschen und ihre Befindlichkeiten offenzulegen– das ist es, was auch Joanna Hogg an seinem Werk imponiert: Yangs zweiter abendfüllender Spielfilm zeigt die Sängerin Tsai Chin als eine junge Frau auf der Suche nach sich selbst und einer Zukunft in Taipeh, der taiwanesischen Metropole, in der die Modernisierung ohne Rücksicht auf Verluste um sich greift. Chin erhofft sich, den nötigen Halt bei ihrem Partner zu finden. Doch der ehemalige Baseball-Star, gespielt von dem Filmemacher Hou Hsiao-hsien, der auch das Drehbuch mitschrieb, weiss sich selbst nicht anders zu helfen, als lediglich wehmütig an den Erinnerungen seiner erfolgreichen Kindheit festzuhalten. In Bildern von atemberaubender, schlichter Schönheit beobachtet Yang seine Figuren aufs Genauste, ohne ihnen jemals zu nahe zu treten. Mit viel Wärme, Stil und Geduld zeichnet der Regisseur, der zu den wichtigsten Vertretern eines neuen taiwanesischen Kinos gehört, ein zerbrechliches, nicht selten traurig stimmendes Bild von der zunehmenden Entfremdung des Menschen im Rausch der modernen Grossstadt. (pj)
Drehbuch: Chu Tien-wen, Hou Hsiao-hsien, Edward Yang
Kamera: Yang Wei-han
Schnitt: Wang Chi-yang, Sung Fan-chen
Mit: Tsai Chin (Chin, eine Büroangestellte), Hou Hsiao-hsien (Lung, ein Ex-Baseballspieler), Wu Nien-jen (Chen, ein Taxifahrer und Ex-Baseballspieler), Lin Hsiu-ling (Ling), Ke Su-yun (Gwan), Ko I-chen (Herr Ke, ein Architekt), Mei Fang (Chins Mutter), Wu Ping-nan (Chins Vater), Chen Shu-fang (Frau Mei), Lai Te-nan (ein Trainer)
119 Min., Farbe, DCP, OV/e