«In der französischen Gemeinde Saint Omer findet ein Gerichtsprozess statt: Laurence Coly wird des Mordes an ihrer 15 Monate alten Tochter angeklagt. Während die Richterin versucht Motive und Beweggründe aus Coly hervorzuholen, wird die Szenerie von der eigentlichen Protagonistin, der Schriftstellerin Rama, beobachtet. Sie möchte das Geschehen in einen Medea-Roman umwandeln und spürt als werdende Mutter selbst zunehmend eine ambivalente Befangenheit. Als die Aussagen der Angeklagten sich mehr und mehr widersprechen, wird die Geschichte immer brüchiger, statt auf herkömmliche juridische und emotionale Eindeutigkeiten eines Gerichtsdramas zuzusteuern.» (Bianca Jasmina Rauch, kino-zeit.de, 2022)
«Die Nachstellung eines Gerichtfalls lässt die Vorstellungswelten der französischen Staatlichkeit und Jurisdiktion in seltsam konkreter Form in Erscheinung treten. Während die Menschen im Film das uneditierte Gerichtsprotokoll originalgetreu rezitieren, schleicht sich ein albtraumhaft reales, metallisches Wirklichkeitsgefühl der französischen und europäischen Gegenwart ein. Dabei stellt sich vielleicht die Frage, wie man dieser Stimmung begegnet, wie man sich formuliert, wenn man dem Staat sein Gesicht herhalten muss, und was es für Auswege aus diesem Labyrinth geben könnte.» (Cyril Schäublin)
Drehbuch: Alice Diop, Amrita David, Marie NDiaya
Kamera: Claire Mathon
Schnitt: Amrita David
Mit: Kayije Kagame (Rama), Guslagie Malanda (Laurence Coly), Valérie Dréville (vorsitzende Richterin), Aurélia Petit (Maître Vaudenay), Xavier Maly (Luc Dumontet), Robert Cantarella (Staatsanwalt), Salimata Kamaté (Odile Diata), Thomas De Pourquery (Adrien)
122 Min., Farbe, DCP, F/d, 12