«Anonyme Briefe vergiften die Atmosphäre in einer französischen Kleinstadt. Gerüchte von Liebschaften, heimlichen Abtreibungen und Drogenmissbrauch machen die Runde; die schliesslich einschreitenden Behörden tappen lange im Dunkeln. Le corbeau ist einer der umstrittensten Filme der französischen Okkupationszeit. Produziert von der Firma Continental, die unter deutscher Leitung stand, und realisiert von ihrem Chefszenaristen Henri-Georges Clouzot, ist er von tiefem Zweifel an der menschlichen Fähigkeit zum Guten geprägt, der sich auch in späteren Clouzot-Filmen niederschlägt und auffällige Parallelen zur Weltsicht des zeitgenössischen Film noir aufweist. Unter dem Titel ‹Der Rabe ist gerupft› publizierte ‹L’écran français› 1943 einen Artikel gegen Clouzots ‹Unterfangen der Herabwürdigung› und argumentierte, dass Le corbeau in Deutschland als Vorzeigeobjekt für die Degeneriertheit der Franzosen zirkuliere. Nach der Befreiung griffen prominente Vertreter der französischen Filmszene diese Polemik auf, während Leute wie Sartre, Prévert und René Clair den Regisseur, der faktisch zweieinhalb Jahre Berufsverbot hatte, verteidigten. Aus heutiger Sicht kann die damalige Polemik auch als Verdrängungsakt gedeutet werden, zeigt Le corbeau gegen das schnell etablierte Bild vom heroischen Frankreich der Résistance doch eine Gesellschaft, in der Spitzelei und Denunziation allgegenwärtig sind.» (Andreas Furler, Filmpodium, Apr/Mai 2010)
Drehbuch: Henri-Georges Clouzot, Louis Chavance
Kamera: Nicolas Hayer
Musik: Tony Aubin
Schnitt: Marguerite Beaugé
Mit: Pierre Fresnay (Dr. Rémy Germain), Ginette Leclerc (Denise Saillens), Pierre Larquey (Michel Vorzet), Micheline Francey (Laura Vorzet), Antoine Balpêtré (Dr. Delorme), Héléna Manson (Marie Corbin, die Krankenschwester), Noël Roquevert (Saillens, der Lehrer), Liliane Maigné (Rolande Saillens), Louis Seigner (Dr. Bertrand), Jeanne Fusier-Gir (Kurzwarenhändlerin)
92 Min., sw, 35 mm, F/e/d