In seiner Adaption der Odyssee Homers beschwört Franco Piavoli die Landschaften des Mittelmeers, um noch einmal den grössten Mythos der Geschichte zum Leben zu erwecken. Fast gänzlich ohne Dialoge (die wenigen Worte in einer erfundenen mediterranen Sprache) folgt der Film dem von Krieg und Heimweh gezeichneten Helden auf seinen Irrwegen zurück nach Ithaka. Er droht zu ertrinken, verführt zu werden, verloren zu gehen und widersteht doch allem. In atemberaubender Manier versteht es Piavoli, die Mythen aus der gefilmten Natur entstehen zu lassen, als wäre er ein Zeitgenosse jener, die sie als Erste aufschrieben. Der Gesang der Sirenen hängt so an aus Felshöhlen schallenden Echos, das Inselparadies Kalypsos entsteht im Sinnenrausch berauschender Flora und Fauna. Piavoli zeigt den Menschen im Austausch mit seiner Umgebung die Geburt der Fiktion aus der Beobachtung der Welt. Wäre die Schönheit der Erde ein Grund, nicht zu blinzeln, würde man die Augen austrocknen lassen für diesen Film. (ph)
Drehbuch: Franco Piavoli
Kamera: Franco Piavoli
Musik: Luca Tessadrelli, Giuseppe Mazzucca
Schnitt: Franco Piavoli
Mit: Luigi Mezzanotte (Odysseus), Branca De Camargo (Kalypso), Alex Carozzo, Paola Agosti, Giuseppe Marcoli, Mariella Fabbris
87 Min., Farbe, 35 mm, OV (fast ohne Dialog)