Schwarz und Frau
Unbeachtete Geschichte(n)
In Kooperation mit dem Netzwerk Bla*Sh hat das Filmpodium eine Auswahl von Filmen rund um Schwarze Frauen zusammengestellt. Die Reihe richtet den Blick nicht nur auf Schwarze Regisseurinnen und Schauspielerinnen, sondern rückt auch die Lebens- und Alltagsrealitäten Schwarzer Frauen in den Mittelpunkt und macht so ihre oft marginalisierten Geschichten und Erfahrungen sichtbar.
Schwarze Frauen werden in Filmen nur selten als komplexe, mehrdimensionale Figuren mit eigenen Stärken und Schwächen dargestellt. Stattdessen wirken ihre Rollen oft unterstützend für weisse weibliche oder Schwarze männliche Protagonisten, deren Geschichten im Vordergrund stehen. Allzu oft greifen diese Rollen auf Stereotypen zurück, wie beispielsweise die mütterliche «Mammy» (Gone with the Wind, 1939, oder The Help, 2011) oder die sexuell aggressive oder promiske «Jezebel», etwa in Foxy Brown (1974).
Es gibt in der Filmgeschichte aber auch Erzählungen, die eine Gegenperspektive bieten. Daughters of the Dust (1991) der Regisseurin Julie Dash ist ein vielzitiertes Beispiel, da der Film eine spezifische, gänzlich von Schwarzen Frauen definierte Welt zeigt und bei einem breiten Publikum Anklang fand. Verfilmungen von Romanen wie Beloved von Toni Morrison (1998; Regie: Jonathan Demme) oder The Color Purple von Alice Walker (1985; Regie: Steven Spielberg) lenkten den Blick auf individuelle Schicksale und deren Überwindung.
Derzeit führen Drehbuchautorinnen und Regisseurinnen wie Amma Asante (Belle) und Ava DuVernay (Selma, Middle of Nowhere) auf ihre eigene Weise die Darstellung der Lebensrealitäten, Selbstbilder und Erfahrungen Schwarzer Frauen fort. Der Produzentin Shonda Rhimes gelingt es mit ihren Fernsehserien Scandal und How to Get Away with Murder, Schwarze weibliche Hauptfiguren zu schaffen, die ambivalent sind und gerade deshalb zugänglich wirken. Historische Dokumentationen machen den Kampf Schwarzer Frauen gegen Unrecht und Unterdrückung zum Thema. In den letzten Jahren sind es vermehrt auch Webserien, die bisher unberücksichtigte Positionen und Zusammenhänge aufzeigen, da sie die Regeln der Film- und Fernsehindustrie umschiffen.
Die Filmreihe «Schwarz und Frau» geht auf die vielseitigen Hintergründe von Schwarzen Frauen ein. Die Reihe möchte zu einem differenzierten Bild Schwarzer Frauen beitragen und diese sichtbar machen. Gewisse Filme nehmen sich frauenspezifischer Themen an, setzen sich mit der weiblichen Geschlechterrolle in einer männlich dominierten Gesellschaft auseinander oder gehen der Frage nach, was als «schön» gilt. Andere nehmen Bezug auf Identitätssuche und Zugehörigkeit angesichts von Migration und Rassismus. Durch ihre Vielfalt will die Reihe nicht nur «people of color», sondern allen Betrachterinnen und Betrachtern die Möglichkeit geben, Parallelen zur eigenen Lebensrealität zu ziehen.
Weiterführende Filme, Fernsehserien und Webserien
4 Little Girls 102 Min. USA, 1997. Regie: Spike Lee. Mit Maxine McNair, Alpha Robertson, Shirley Wesley King, Janie Gaines. Dokumentarfilm über das Bombenattentat auf eine Kirche in Alabama im Jahr 1963, bei dem vier junge Mädchen ums Leben kamen.
Aya de Yopougon 84 Min. F, 2013. Regie: Marguerite Abouet, Clément Oubrerie. Der Animationsfilm erzählt aus dem Alltag von Aya, die mit ihrer Familie und ihren Freundinnen in einem Stadtteil von Abidjan lebt.
Beloved 172 Min. USA, 1998. Regie: Jonathan Demme. Mit Oprah Winfrey, Danny Glover, Thandie Newton. Nach dem gleichnamigen Roman von Toni Morrison. Die ehemalige Sklavin Sethe begegnet der Reinkarnation ihres verstorbenen Kindes.
Blue Girls Burn Fast 19 Min. USA, 2016. Regie: Amandla Stenberg. Mit Leeza Lester, Julia Rocha. Ein Kurzfilm über Freundschaft, Familie und Identität. Online verfügbar: vimeo.com/162605571
Chisholm ‛72 – Unbought and Unbossed 77 Min. USA, 2004. Regie: Shola Lynch. Der Film dokumentiert die US-Präsidentschaftskandidatur von Shirley Chisholm, der ersten afro-amerikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus.
The Color Purple 154 Min. USA, 1985. Regie: Steven Spielberg. Mit Whoopi Goldberg, Oprah Winfrey, Danny Glover. Nach dem Roman von Alice Walker. Nach Jahren der Unterdrückung und Demütigung baut sich Celie ein neues Leben auf.
Difficult Love 48 Min. ZA, 2010. Regie: Zanele Muholi, Peter Goldsmid. Ein Dokumentarfilm über das Werk der Fotografin und LGBT-Aktivistin Zanele Muholi.
Half of a Yellow Sun 111 Min. GB, 2013. Regie: Biyi Bandele. Mit Thandie Newton, Anika Noni Rose, Chiwetel Ejiofor. Zwei Schwestern erleben den Ausbruch des Biafra-Kriegs im Nigeria der 1960er Jahre.
Hidden Figures 127 Min. USA, 2016. Regie: Theodore Melfi. Mit Taraji P. Henson, Octavia Spencer, Janelle Monaé. Dokudrama über drei schwarze Mathematikerinnen, die bei der NASA entscheidend zum Gelingen des ersten Weltraumflugs beitrugen.
How to Get Away with Murder USA, 2014–. Produktion: Shonda Rhimes, Peter Nowalk. Regie: Bill D'Elia u. a. Mit Viola Davis, Alfred Enoch, Jack Falahee, Aja Naomi King, Matt McGorry, Karla Souza. Die Fernsehserie handelt von der erfolgreichen Juraprofessorin Annalise Keating, die in einen Mordfall verwickelt wird.
Jean of the Joneses 82 Min. Kanada/USA, 2016. Regie: Stella Meghie. Mit Taylour Paige, Gloria Reuben, Sherri Shepherd, Erica Ash, Michelle Hurst. Im Mittelpunkt der Komödie stehen fünf jamaikanisch-amerikanische Frauen und ein altes Familiengeheimnis.
Lady Sings the Blues 125 Min. USA, 1972. Regie: Sidney J. Furie. Mit Diana Ross, Billy Dee Williams. Diana Ross spielt die legendäre, tragische Jazzsängerin Billie Holiday.
The Misadventures of Awkward Black Girl USA, 2011–2013. Regie: Shea William Vanderpoort u. a. Mit Issa Rae, Sujata Day. Die fiktionale Webserie handelt von J, die von einer peinlichen Situation in die nächste stolpert. Online verfügbar.
Mother of George 107 Min. USA/NG, 2013. Regie: Andrew Dosunmu. Mit Danai Gurira, Isaach De Bankolé. Die in die USA emigrierte Adenike sucht eine drastische Lösung für ihre Kinderlosigkeit.
Pariah 86 Min. USA, 2011. Regie: Dee Rees. Mit Adepero Oduye, Kim Wayans, Aasha Davis, Pernell Walker. Das autobiografisch inspirierte und berührend erzählte Coming-Out der 17-jährigen Alike.
The Peculiar Kind USA, 2012–2013. Regie: Alexis Casson und Mursi Layne. Eine Webserie über die Erfahrungen von queer women of color. Online verfügbar: thepeculiarkind.com.
Polyglot D, 2015–. Regie: Amelia Umuhire. Mit Amanda Mukasonga. Die Webserie dreht sich um junge Kreative und ihren Versuch, in Berlin und London Fuss zu fassen. Online verfügbar.
Pretty F/I/GB/IL, 2015–. Regie: Antonia Opiah. Women of color aus aller Welt reflektieren in dieser Webserie über ihren Umgang mit eurozentristischen Schönheitsidealen. Online verfügbar: un-ruly.com/pretty
The Rosa Parks Story 97 Min. USA, 2002. Regie: Julie Dash. Mit Angela Bassett, Tonea Stewart, Peter Francis James. Die Geschichte der US-amerikanischen Bürgerrechtlerin Rosa Louise Parks, die sich den Gesetzen der Rassentrennung widersetzte und damit zur zentralen Figur der Bürgerrechtsbewegung wurde.
Scandal USA, 2012–. Produktion: Shonda Rhimes, Betsy Beers. Regie: Tom Verica, Allison Liddi-Brown, Oliver Bokelberg u. a. . Mit Kerry Washington, Tony Goldwyn. Die Krisenmanagerin Olivia Pope verhindert Politskandale und legt sich mit einem Geheimdienst an.
What Happened, Miss Simone? 104 Min. USA, 2015. Regie: Liz Garbus. Dokumentarfilm über die Sängerin und Bürgerrechtlerin Nina Simone.
Sarah Owens und Rispa Stephen
Die Filmreihe «Schwarz und Frau» entstand in Kooperation mit Bla*Sh. Black She – kurz Bla*Sh – ist ein Netzwerk Schwarzer kulturschaffender Frauen in der Deutschschweiz, die sich im Kontext einer grösseren Schwarzen Diaspora verorten. Sie leben straight oder queer, mit oder ohne Kinder. Die einen sind in Europa aufgewachsen, andere haben auf anderen Kontinenten gelebt. Alle haben mindestens einen Schwarzen Elternteil, und was sie verbindet, ist die Erfahrung, als «Schwarz» wahrgenommen zu werden. Sie möchten neue Netzwerke unter Schwarzen Frauen entstehen lassen, bestehende stärken und zur differenzierten Sichtbarkeit von Schwarzen Frauen in der Gesellschaft beitragen. Das grosse «S» beim Adjektiv «Schwarz» ist ein symbolischer Teil dieses Empowerment-Prozesses. Die Dozentin für visuelle Kulturen Sarah Owens und die Soziokulturelle Animatorin Rispa Stephen sind Teil des Bla*Sh-Netzwerks.