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Sélection Lumière: Lady and the Tramp

Kindern ist dieser Disney-Animationsfilm als Susi und Strolch geläufig. Das Original, Lady and the Tramp, hat vor allem dank der Songs von Peggy Lee auch Qualitäten, die ein erwachsenes Publikum ansprechen.
Spieldaten: Di, 8.3., 20:45 // So, 20.3., 15:00
«Lady and the Tramp, der 1955 erstmals ins Kino kam, ist so etwas wie eine Ausnahme in der grossen Reihe der Disney-Zeichentrick-Klassiker. Mit seinen fünf Peggy-Lee-Songs, dem städtischen Schauplatz und der witzig und gefühlvoll gezeichneten Liebesgeschichte zwischen einem reinrassigen Cockerspaniel (‹Lady›) und einem Hinterhofköter (‹The Tramp›) wirkt der Film eher wie eine warmherzige romantische Komödie der 1930er-Jahre als wie ein typischer Kinderfilm.
Es gibt Augenblicke in diesem Film – ein Spaghetti-Essen unter den Sternen sticht heraus –, die den Geist von Jean Arthur und Charles Boyer in Frank Borzages History Is Made at Night oder von Cary Grant und Katharine Hepburn in George Cukors Holiday heraufbeschwören. Die amerikanische Liebesgeschichte schlechthin – die zwischen der verwöhnten Erbin und dem spontanen, lebenslustigen Mann aus ärmlichen Verhältnissen – ist selten eleganter und unterhaltsamer erzählt worden.
Mitte der 50er-Jahre verlagerte sich der Disney-Stil von den aufweändigen Bildeffekten, die frühe Filme wie Snow White and the Seven Dwarfs und Pinocchio auszeichneten, hin zu einem verschlankten, sparsameren Stil, der sich auf die Animation der Figuren konzentrierte.
Lady and the Tramp stellt einen perfekten Kompromiss zwischen diesen beiden Polen dar. Die Hintergründe der 1890er-Jahre werden in einer vereinfachten, stilisierten Art und Weise dargestellt, haben aber dennoch Tiefe und Charme, während die Animation der Figuren wunderbar ausdrucksstark ist und aus der blossen Haltung einer Pfote oder der Stellung eines Ohrs Welten von Bedeutung hervorzaubert.
Dennoch vernachlässigt Disney seine natürliche Anhängerschaft nicht. Es gibt eine Nebenhandlung, in der es um ein neues Baby daheim bei Lady geht, das ihr das Gefühl gibt, von ihren Herrchen Besitzern nicht geliebt zu werden, eine einfühlsame und aufschlussreiche Darstellung kindlicher Eifersucht, wie sie nie besser verfilmt worden ist.
Disney war zweifellos der grösste Animationsfilmproduzent in der Geschichte des Kinos, aber seine technischen Fähigkeiten machten nur eine Hälfte seines Genies aus. Die andere Hälfte lag in einem tiefen, unerschütterlichen Mitgefühl für die Seelenlage von Kindern.» (Dave Kehr, chicagotribune.com, 19.12.1986)