Classics: Bushman
Restaurierungen und rare Filmkopien
«1968 war ein Jahr politischer Morde in den USA. 1968 war auch das zweite Jahr des Bürgerkriegs in Nigeria. Mit diesen beiden Informationen beginnt Bushman. Der ‹Buschmann› heisst Gabriel. Er wird von Paul Okpokam gespielt, den Regisseur David Schickele von seinem Nigeria-Film Give Me a Riddle her kannte. Gabriel kommt 1968 nach San Francisco, er möchte ‹der amerikanischen Demokratie eine Chance› geben. Seine Begegnungen mit Weissen sind von Beginn an von Projektionen beiderseits durchwirkt. Schickeles Film wird schliesslich von der rassistischen Wirklichkeit überholt: ‹Truth was faster than fiction.› Ein absolutes Schlüsselwerk des afroamerikanischen Kinos, eine grosse Wiederentdeckung.» (Bert Rebhandl, Viennale 2023)
«Der weisse Rauch der Fabriken im grellen Licht des Morgenhimmels lässt die Umrisse von San Francisco erahnen, während der junge Mann endlich jemanden findet, der ihn mitnimmt. Kaum haben wir die dritte Minute des Films hinter uns, untergräbt ein bissiger Dialog mit dem Biker – auf halbem Weg zwischen Ousmane Sembènes Borom Sarret und einer Parodie auf Easy Rider – den Ton des Prologs. Mit einem Blick auf das Cinéma vérité, die europäischen Neuen Wellen und den frühen Cassavetes, mit dem anderen auf afrikanische Pioniere wie Sembène, Désiré Ecaré und Med Hondo, verurteilt Schickele nicht nur das reaktionäre und rassistische Amerika, das Gabriel später unter dem geringsten Vorwand in die Enge treiben wird, sondern auch das liberale Amerika der progressiven Intellektuellen, die McLuhan und Malraux zitieren, aber in Rhetorik verfallen und den tieferen Sinn der menschlichen Erfahrung missverstehen. Mit Ironie, Poesie und Fingerspitzengefühl führt uns Bushman in die Dunkelheit der Anfänge einer Odyssee. Und tagelang kann man an nichts anderes denken.» (Cecilia Cenciarelli, Il cinema ritrovato 2023)