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Marie-Louise

Seit 1941 vermittelt und fördert der Verein Omanut in der Schweiz jüdische Kunst und Kultur. Zum 80-jährigen Bestehen widmet Omanut zusammen mit dem Literaturmuseum Strauhof ab dem 30. Juni dem Künstler und Dichter John Mayer Elsas eine Ausstellung. Das Filmpodium zeigt zum Jubiläum zwei Filme des Omanut-Gründungsmitglieds Leopold Lindtberg.
Spieldaten: Marie-Louise: Mo, 21.6., 18:00 (anschl. Referat von Elisabeth Bronfen) //
Die letzte Chance: Mo, 21.6., 21:00 (Einführung von Elisabeth Bronfen)

Im Juni 1944 kündigte die Praesens-Film A.G. in einer Pressemitteilung einen neuen Film an, der unter dem Titel Die letzte Chance ein Klassiker der Schweizer Kinematografie werden sollte: «So wie im Film Marie-Louise die Geschichte eines französischen kriegsgeschädigten Kindes erzählt wurde, soll im projektierten Stoff das Schicksal einer Gruppe von Flüchtlingen behandelt werden. Die Hersteller des Films beabsichtigen, die Schwierigkeiten und Leiden verfolgter Menschen dem Zuschauer vor Augen zu führen.»
Regisseur beider Filme war der in Wien geborene Leopold Lindtberg, der seit 1933 am Zürcher Schauspielhaus engagiert war und zu den Gründervätern des 1941 von Emigranten ins Leben gerufenen jüdischen Kulturvereins Omanut (hebr. «Kunst») gehört. Trotz Lindtbergs erfolgreichen Wirkens in der Schweiz blieb seinem Freund Erwin Leiser eine tiefe Empfindlichkeit nicht verborgen: «Ich sah auch Seiten bei ihm, die nach aussen kaum sichtbar wurden: die Verletzbarkeit eines Menschen, der trotz aller Erfolge und Ehrungen die Demütigungen aus seiner Zeit als Emigrant mit ‹befristeter Aufenthaltsbewilligung› nicht vergessen hatte.» Wahrscheinlich brauchte es die Sensibilität eines Leopold Lindtberg, um in einem Migranten gegenüber nicht gerade wohlgesonnenen Klima noch während des Zweiten Weltkrieges Schweizer Filme wie Marie-Louise (1944) und Die letzte Chance (1945) zu drehen.

Leopold Lindtberg (Schweiz 1944)

«Im Film kommt eine Gruppe von Kindern, darunter die 13-jährige Marie-Louise, aus Frankreich in die Schweiz, um sich während dreier Monate bei Gastfamilien und in einem Ferienlager vom Schrecken des Kriegs zu erholen. Die Fachkritik lobte das Werk nahezu euphorisch. (...)
Regisseur Leopold Lindtberg und Drehbuchautor Richard Schweizer hatten anfänglich eine distanziertere Haltung gegenüber dem Schweizer Hilfsprogramm für die traumatisierten Auslandskinder im Auge (ihr Ansatz scheint noch im nüchternen Realismus der Aussenszenen des Films durch, zum Beispiel dem Bombardement Rouens, im Schrecken Marie-Louises über die tieffliegenden Flugzeuge oder in der Begräbnisszene). Sie wollten aufzeigen, dass man den Kindern einen schlechten Dienst erweist, wenn man sie hätschelt und behandelt, als ob sie in der Schweiz zu Hause wären. Doch die Starbesetzung des Werks machte dem Anliegen einen Strich durch die Rechnung. Heinrich Gretler als Fabrikbesitzer Rüegg, in dessen Villa Marie-Louise zunächst als Notlösung, bald aber definitiv untergebracht wird, war zu sehr bärbeissiger und jovialer Patron, als dass das Publikum ihm gegenüber eine kritische Distanz hätte wahren können. Desgleichen Anne-Marie Blanc, freiwillige Rot-Kreuz-Helferin, charmante Tochter und Chefsekretärin Rüeggs, die den Vater immer dann um den Finger zu wickeln weiss, wenn eine Situation sich allzu sehr zuspitzt.» (Felix Aeppli, Filmbulletin 6/2015)
Richard Schweizers Drehbuch gewann einen Oscar.

Drehbuch: Richard Schweizer
Kamera: Emil Berna
Musik: Robert Blum
Schnitt: Hermann Haller

Mit: Josiane Hegg (Marie-Louise Fleury), Heinrich Gretler (Direktor Rüegg), Anne-Marie Blanc (Heidi Rüegg), Margrit Winter (Anna Rüegg), Armin Schweizer (Lehrer Bänninger), Mathilde Danegger (Päuli), Fred Tanner (Robert Scheibli), Emil Gerber (Ernst Schwarzenbach), Bernard Ammon (André), Pauline Carton (Frau Gilles), Germaine Tournier (Frau Fleury), Jean Hort (Vater Deschamps)

103 Min., sw, DCP, Dialekt+F/d

Spieldaten


Vergangene Vorstellungen:
Mo.,
21.6.2021
18:00
anschl. Referat von Elisabeth Bronfen (ca. 20 Min.)