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Das erste Jahrhundert des Films: 1981

Drei Filme, in denen historische Figuren und Ereignisse dramatisch verdichtet werden, und drei, die «nur» glänzend unterhalten und rühren: Unsere Auswahl mit denkwürdigen Filmen von 1981 zeigt die realistische und die eskapistische Facette des Kinos gegen Ende einer grossen Autorenfilmphase in Europa und am Anfang der Blockbusterära in den USA. Das Boot ist voll von Markus Imhoof, Mephisto von István Szabó und Der Mann aus Eisen von Andrzej Wajda sind drei Filme in der Tradition des europäischen Autorenkinos. Alle drei reflektieren – auch mit historischen Stoffen – gesellschaftliche und moralische Debatten ihrer Zeit. Das Flüchtlingsdrama Das Boot ist voll etwa trug mit seiner eindringlichen Schilderung einiger (fiktiver) Einzelschicksale dazu bei, dass die selbstkritische Sicht auf die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg allmählich mehrheitsfähig wurde, während Szabós «Schlüsselfilm» über den Nazi-Hofschauspieler Gustaf Gründgens vom Opportunismus in totalitären Regimes auch jenseits des Nationalsozialismus handelt – und im Vergleich zu Klaus Manns literarischer Vorlage nachsichtiger ausfiel, weil der Regisseur das Dilemma des Protagonisten in Ungarn am eigenen Leib erfahren hatte. Wajda wiederum schuf 1980/81 mit Der Mann aus Eisen die grosse, hoffnungsvolle Momentaufnahme aus dem Herzen der Solidarność-Bewegung. Der verhaltene Optimismus dieses Films wurde schon wenige Monate nach der Premiere durch die Verhängung des Kriegsrechts in Polen zunichte gemacht, einige Jahre später aber auf unerwartete Weise übertroffen.
Steven Spielbergs Raiders of the Lost Ark und Jean-Jacques Beneix' Diva sind zwei Beispiele für die Revitalisierung des Unterhaltungskinos in den frühen achtziger Jahren durch die Neuauslegung altehrwürdiger Genres. Beneix reicherte den klassischen französischen Krimi mit surrealen und ironischen Einsprengseln an, während Spielberg den Abenteuerfilm um Fantasyelemente und eine Stakkatodramaturgie erweiterte, die aus dem klassischen Dreiakter eine Achterbahnfahrt voller spektakulärer Wendungen macht. The French Lieutenant's Woman schliesslich ist ein klassisches bürgerliches Melodram unter modernen Vorzeichen: Das anrührende Kostümdrama wird durch eine in der Gegenwart spielende Rahmenhandlung gebrochen und kommentiert. (afu)