Das erste Jahrhundert des Films: 1942
Nach dem Überfall auf Pearl Harbor Ende 1941 wurde das Kriegsgeschehen definitiv zum Weltkrieg. Die Filme des Jahres 1942 sind vor diesem Hintergrund zu sehen: als Propagandafilme, Evasionskino oder Schilderungen der Ernüchterung.
Ein Pfarrer, der beim Predigen auf der Kanzel so lange mit der Pistole spielt, die er unter der Soutane versteckt hat, bis sich ein Schuss löst – zeitgenössische Kritiker bemängelten, Leopold Lindtberg und vor allem seine Produktionsfirma Praesens zeigten in Der Schuss von der Kanzel «Angst vor der Wirklichkeit» und würden sich mit der Wahl der Conrad-Ferdinand-Meyer-Novelle als Vorlage in ein unpolitisches Kostümland zurückziehen. Tatsächlich ist darin keine Geistige Landesverteidigung à la Füsilier Wipf, Gilberte de Courgenay und Landammann Stauffacher auszumachen. Und doch: Die Nähe zum Militärischen in einer Zeit mitten im Krieg ist wohl kein Zufall.
Am 7. Dezember 1941 überfiel Japan Pearl Harbor, am 8. Dezember traten die USA in den Zweiten Weltkrieg ein. Dies wird in Yankee Doodle Dandy, einem der drei Filme, die Michael Curtiz 1942 realisierte, schon thematisiert; Casablanca, Curtiz' sicher bekanntester Film aus diesem Jahr, muss noch während den Dreharbeiten angesichts der Kriegsentwicklung immer wieder umgeschrieben werden. Mrs. Miniver, eine in England spielende amerikanische Produktion, wird von vielen schlicht als Propagandafilm, als Vorbereitung für den Eintritt der USA in den Krieg verstanden: «Seht», scheint er zu sagen, «diese Engländer sind (fast) wie wir – wir können sie angesichts der Bedrohung nicht im Stich lassen.» Viele Filme entstehen mit direkter staatlicher Unterstützung oder in Zusammenarbeit mit dem Kriegsministerium: One of Our Aircraft is Missing von Powell/Pressburger, In Which We Serve von David Lean und Noel Coward in England, in den USA John Fords Dokumentarfilm The Battle of Midway. Auch Ernst Lubitsch nimmt das Zeitgeschehen mit To Be or Not to Be auf; er aber musste sich später immer wieder vorhalten lassen, er habe keine Ahnung vom Ausmass der Naziverbrechen gehabt und habe diese verharmlost.
Neben Filmen mit direktem Kriegsbezug gab es auch eskapistische – Wiener Blut von Willi Forst etwa –, aber zunehmend auch solche, in denen Ernüchterung, ja Pessimismus sich breit macht: The Magnificent Ambersons rechnet mit dem Fortschrittsglauben ab, in dem er den Preis dafür benennt, und This Gun for Hire und The Glass Key deuten mit ihrer Grundstimmung schon an, wohin sich der Film noir entwickeln wird. (cs)