Sélection Lumière: «Howards End»: Die Privilegien des Wohlstands
Nur sechs Romane hat der britische Autor und Erzähler E. M. Forster (1879–1971) hinterlassen; drei wurden vom erfolgreichen Produzenten-Regie-Duo Ismael Merchant/James Ivory verfilmt: Nach A Room with a View (1985) und Maurice (1987) handelt Howards End (1991) von einem Landsitz, der an die «falsche Person» vererbt wird; er gilt als ihr bestes Werk.
«Margaret, Helen und Tibby Schlegel sind klug, schön, und – im Vergleich zu den meisten ihrer Zeitgenossen zu Zeiten Edwards VII – aufgeschlossen. Das sind die Wilcoxes, mit Ausnahme von Mrs. Wilcox, eindeutig nicht. Als sich Helen in Paul Wilcox verguckt, verbrennt sie sich dabei die Finger, doch Margaret freundet sich mit Mrs. Wilcox an, die bald stirbt und damit alles verdirbt. Ihr letzter Wunsch ist, dass Margaret ihr Landhaus Howards End erben soll, doch die bösen Wilcoxes zerstören das Testament und verweigern Margaret das Erbe. Da verliebt sich Mr. Wilcox in sie … » (Mark Sanderson, Time Out Film Guide)
«Es gibt zwei Gespräche in Howards End zwischen Henry Wilcox, einem wohlhabenden Geschäftsmann, und Margaret Schlegel, die seine zweite Frau wird. Das erste ist vergnüglich, das zweite verzweifelt, und in ihnen drückt sich das unterschwellige Thema des Films aus: Die Unmöglichkeit, dass zwei Menschen mit grundlegend verschiedenen Werten wirklich kommunizieren können. Um diese Gespräche herum entwickelt sich eine Geschichte um die verlässlichen Themen der britischen Literatur um 1900: Klasse, Vermögen, Familie, Heuchelei und Grundeigentum. (…) Was Helen rasend macht – und mit ihr das Publikum – ist die Tatsache, dass ‹männlich› und ‹wohlhabend› zu Privilegien berechtigt, die Armen und Frauen verwehrt bleiben. (…) Leonard darf nicht gestattet werden, sich aufzuführen, wie es Henry zusteht, denn – na ja – Leonard ist arm, und so ist das nun mal.» (Roger Ebert, Chicago Sun-Times, 5.6.2005)