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Premiere: Remember

Irrfahrt in die Erinnerung

Als Nachschlag zur Retrospektive im letzten Programm zeigt das Filmpodium als Premiere Atom Egoyans neusten Film Remember. Dieses Roadmovie, dessen Handlung Parallelen zu Paolo Sorrentinos This Must Be the Place aufweist, wird zur Reflexion über Erinnerung und Vergessen, Schuld und Sühne. Zev Gutman lebt im Altersheim und hat vor kurzem seine Frau Ruth verloren. Das muss er sich aber immer wieder in Erinnerung rufen, denn seine fortschreitende Demenz raubt ihm das Gedächtnis. Nun wird der trauernde Witwer von seinem gebrechlichen Freund Max auf eine längst vereinbarte Mission geschickt: Zev soll den Mann aufspüren, der vor siebzig Jahren in Auschwitz ihre beiden Familien ausgelöscht hat, und ihn richten. Der einstige SS-Mann lebt in Nordamerika unter dem Decknamen Rudy Kurlander, und Max gibt Zev Geld und Anweisungen, wie er die vier Männer, die so heissen, aufspüren kann. Zevs Reise droht immer wieder an seiner Verwirrtheit zu scheitern, aber nach mehreren falschen Anläufen kommt es doch noch zur Abrechnung.
«Die Suche nach verborgenen Wahrheiten war von jeher der Motor der Filme von Atom Egoyan, sie kreisen obsessiv um private und historische Lügen und Geheimnisse, vom Kindesmissbrauch in The Sweet Hereafter bis zum Genozid an den Armeniern in Ararat. Jetzt liefert ihm das Drehbuchdebüt von Benjamin August eine böse Intrige um den Massenmord an den Juden. In betont einfachen Bildern, ganz ohne Rückblenden, verzahnt er das intime Schicksal der Demenz mit dem Drama der historischen Verdrängung, setzt die Sehnsucht nach Erinnerung in ein Spannungsverhältnis zur Gnade des Vergessens.
Zum zweiten Mal nach Ararat spielt Christopher Plummer für Egoyan den Wahrheitssucher, mit verlorenem Blick und brüchigen Bewegungen tastet er sich, von der Gegenwart überfordert, durch den Nebel der Erinnerung. Er ist auf einer Reise ins dunkle Innere seiner eigenen Geschichte.» (Anke Sterneborg, Süddeutsche Zeitung, 3.1.2016)