Das erste Jahrhundert des Films: 1939
In der Dauerreihe «Das erste Jahrhundert des Films» zeigen wir im Lauf von zehn Jahren rund 500 wegweisende Werke der Filmgeschichte. Die Auswahl jedes Programmblocks ist gruppiert nach Jahrgängen, woraus sich schliesslich 100 Momentaufnahmen des Weltkinos von 1900 bis 1999 ergeben. Referenzzahl ist jeweils der aktuelle Jahrgang, d. h. im Jahr 2019 sind Filme von 1919, 1929, 1939 usw. zu sehen.
Während die Welt am Vorabend eines weiteren Krieges in Europa stand, wurde in Hollywood gezaubert. Mit The Wizard of Oz erstrahlte ein Märchen auf der Leinwand, das bis heute zum festen, unzählige Male zitierten Bestandteil des popkulturellen Inventars gehört, dessen Requisiten Fetischcharakter haben und bis heute für Schlagzeilen sorgen: Erst kürzlich wurde Judy Garlands Schürzenkleid zu einem Rekordpreis versteigert, und im letzten Herbst wurden ihre roten Glitzerschuhe, die vor Jahren aus einem Museum gestohlen worden waren, vom FBI in einer Undercover-Aktion sichergestellt. MGM produzierte 1939 einen weiteren Film, der zu einem Mythos werden sollte, wiederum unter der Regie von Victor Fleming (u. a.) und wiederum in «glorious Technicolor»: Das opulente Südstaatenepos Gone with the Wind faszinierte über Generationen hinweg die Zuschauer und bleibt einer der grössten Kassenerfolge der Filmgeschichte. John Fords Stagecoach, der dritte legendäre US-amerikanische Film aus diesem schicksalhaften Jahr, lancierte die Renaissance des Western und machte John Wayne zum Star.
In Frankreich herrschte vor dem nahenden Krieg eine fatalistische, pessimistische Stimmung. Zwei Meilensteine liefern präzise atmosphärische Abbilder dieser Vorkriegszeit – und beide wurden bei Kriegsausbruch verboten: Marcel Carnés Meisterwerk des poetischen Realismus, Le jour se lève, das den amerikanischen Film noir vorwegnahm, und Jean Renoirs Opus magnum La règle du jeu, das bei seinem Kinostart kommerziell ein Desaster war und bei einem Bombenangriff zerstört wurde. In den fünfziger Jahren rekonstruiert, zählt Renoirs Geniestreich heute zu den wichtigsten Filmen überhaupt.
In Japan, wo das militärische Regime Filmemacher immer mehr unter Druck setzte, propagandistische Stimmung zugunsten Japans zu machen, wich Kenji Mizoguchi auf historische Stoffe aus und bot in The Story of the Last Chrysanthemum einen faszinierenden Blick hinter die Kulissen des Kabuki-Theaters. Ihm gelang damit einer der grossen Triumphe des japanischen Kinos.
Weitere wichtige Filme:
Destry Rides Again George Marshall, USA
Die Liederschlacht der Mandarinenten (Oshidori Utagassen) Masahiro Makino, Japan
Four Feathers Zoltan Korda, GB
Goodbye, Mr. Chips Sam Wood, USA
Gunga Din George Stevens, USA
Midnight Mitchell Leisen, USA
Mr. Smith Goes to Washington Frank Capra, USA
Ninotchka Ernst Lubitsch, USA
Of Mice and Men Lewis Milestone, USA
Only Angels Have Wings Howard Hawks, USA
The Roaring Twenties Raoul Walsh, USA
The Women George Cukor, USA
Young Mr. Lincoln John Ford, USA
Wachtmeister Studer Leopold Lindtberg, CH
Wuthering Heights William Wyler, USA
Tanja Hanhart